Wine & Snow, die Zweite: Karl-Frédéric Reuter von Château Montus präsentiert die La Tyre – Jahrgänge 2000 – 2009. 2004 ausgenommen. (Zu klein für einen großen Wein.)
Ein paar Eckpunkte vorweg. Wir finden Château Montus in der AOC Madiran, genauer gesagt in der Zone zwischen Moncaup und Cannet. Gröber gesagt südlich der Gascogne und gar nicht weit von Bordeaux. Wenn wir von Montus sprechen, reden wir von Tannat. Klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. La Tyre, Prestige und XL sind immer Tannat, Château Montus (der Wein) hat auch einen Cabernet Sauvignon-Anteil. Im Montus Blanc finden wir außerdem Petit Corbu und Petit Manseng. Château Bouscassé dagegen, das zweite Weingut von Alain Brumont verfügt über ein breiter gefächertes Rebsortenspektrum: Tannat, Cabernet Franc, Caberned Sauvignon, Merlot und Fer Servadou.
Zurück zu La Tyre. Wir sprechen hier von einer ca. 14 ha große Einzellage in der AOC Madiran. 100 % Tannat. Und natürlich 100 % Power. Tanninpower, Alkoholpower, Körperwucht. Der Boden ist Ch9P gar nicht unähnlich. Karg, kindskopfgroße Steine, hoher Lehmanteil.
2000 war der erste La Tyre-Jahrgang. Die folgende Serie repräsentiert somit alles, was derzeit verfügbar ist. Dank übrigens an Del Fabro und Kolarik & Leeb.
2000 Château Montus La Tyre
Eine grandiose Tanninbombe, gleichzeitig tiefe, herbe, dunkle Eleganz. Landadel. Wilde Noten nach abgehangenem Fleisch, Tomatenmark – aber auch richtig reife Amarenatöne und Dörrpflaumen. Steiler Einstieg. Sicher noch viele Jahre top!
2001 Château Montus La Tyre
Wesentlich zugänglicher als 2000. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass die Tannine weicher, reifer und runder sind. Auch die Frucht ist deutlicher ausgeprägt, als die steinigen Töne. Im Moment recht harmonisch. Wirkt eher wie ein kräftiger, dicker Teddybär.
2002 Château Montus La Tyre
Großes Kino. Super Madiran-Jahr, super Montus-Jahr. Unglaublich konzentriert, sehr am Punkt, geballte Urkraft und enormes Potential. Fleischige Noten, Liebstöckel, Kardamom, ein Hauch Minze, Powidl. Im Moment immer noch kurz nach der Pubertät. Hat also noch eine große Zukunft.
2003 Château Montus La Tyre
Markant holzbetont. Ein Kraftlackel, der es gewohnt ist, seine Power einzusetzen, um die Tannine im Griff zu halten. Aber Hulk darf nicht zornig werden. Solange Fruchtpower und Konzentration die Gerbstoffe unter Kontrolle haben, haben wir einen zwar kräftigen, aber harmonischen Stoff im Glas. Aber „Wehe, wenn sie losgelassen, wachsend, ohne Widerstand ….“
2005 Château Montus La Tyre
Überraschend restriktiv. Gerbstoffe sind sehr austrocknend. Aromen nach frisch gemahlenem Kaffee, zarte Röstnoten. Wenig aggressiv (und daher Erwartungen enttäuschend). Es bleibt aber fülliger, barocker Stoff. Also gar nicht SO übel.
2006 Château Montus La Tyre
Vielschichtiges Aromenspektrum: Frischer Tabak, Zedernholz, geriebene Nüsse, Liebstöckl. Auch wieder eine unglaubliche Kraft, die dieser Wein an den Tag legt. Noch etwas adstringierend, aber viel Grund zum Optimismus.
2007 Château Montus La Tyre
Fruchtalarm: eingelegte Sauerkirschen, frische Erdbeernoten, Brombeere, Aroniabeere, Maulbeerfrucht. Alles in intensiver, ausdrucksstarker Likör-Qualität. Ein lebendig-würziges Finish mit schwarzem Pfeffer. Verlässlichkeit für viele Jahre.
2008 Château Montus La Tyre
Auweh! helle Schokolade, geröstete Kakaobohnen, zarte Wasserminz-Töne, Eukalyptus, Teebaumöl, Mahagoni, dabei kräftige Barriquenoten. Ein einziger Flohzirkus an Aromen. Entscheidet man sich aber einmal für einen der Flöhe und folgt einem Aroma, tun sich enorme Potentiale auf. 15 – 20 Jahre weglegen.
2009 Château Montus La Tyre
Nicht viel anders, als 2008. Im Moment geht der Wein in alle erdenklichen Richtungen. Maggikraut, rohes Fleisch, Weichsel, etwas Johannisbeere. Aber genauso wie 2008 hat der Wein Power und das Potential, sich noch prächtig zu entwickeln. Im Augenblick: Finger weg!
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