Langhe, Asti, Monferrat: die Welt der Chiarlos

 

 

 

 

 

100 % Piemonte. Das ist eine Ansage. Zu finden auf den Imagebroschüren von Michele Chiarlo. Mutig, aber nicht zu unrecht.Michele Chiarlo ist nicht irgendein piemontesisches Weingut. Von Calamandrana (Asti) aus, wo das Gut 1956 gegründet wurde, streckten die Chiarlos ihre Fühler aus und erweiterten den Betrieb Schritt für Schritt. Bis ein Netz an Weingärten entstand, das die renommiertesten Crus im Piemont, sowie dessen sämtliche bedeutende Weine und Weinstile umfasst. Die Rebflächen befinden sich in der Lange, im Monferrat und natürlich im Asti-Gebiet. Von Gabi und Arneis, Barbaresco und Barolo, Dolcetto und Barbera hin zu zwei (ganz entzückenden) Moscato d’Astis). Alle sind sie im Sortiment vertreten. Barolo Chinato haben sie auch. Gott sei Dank.

Hier die Kostnotizen (bzw. eine Auswahl davon), erweitert um ein paar Informationen, wo ich es hilfreich empfand. Dank an den Wiener Sommelierverein und L. Derksen & Co. für die Organisation und Durchführung der Verkostung.

 

Gavi del Commune di Gavi Roverto 2010
Mittleres Strohgelb, ganz leichte Reifenoten, gelbfruchtig – reife Birne, Quitte, Heublume, mit etwas Phantasie auch frische Vanilleschoten. Würzig, leicht pfeffrig – ein Eindruck, der durch die Säure am Gaumen noch verstärkt wird. Trocken, kräftige, zupackende Säure, staubige Mineralik,
Aroma im Vordergrund recht rustikal, am Gaumen deutlich harmonischer mit einem Eitzerl Pikant. Das Weingut gibt an, dass ein Teil der Trauben kaltmazeriert wird, um die Primärfrucht zu erhalten. Der Wein hat tatsächlich etwas Frisches an sich. Am ehesten erinnert es an frisches Heu. Ein eleganter Vorzeige-Cortese von der Einzellage Roverto in Gavi.

Roero Arneis Le Madri 2011
Hell, juvenil, zurückhaltend, anfangs noch neutraler Gesamteindruck, federnd leicht, verspielt,  ein „easy drinking wine“ mit Klasse. Hochfeine, filigrane Aromatik, Schwerpunkt Blütenzauber. Arneis ist eine Rebsorte, die nur im Piemont, und hier nur am Tanaro gegenüber der Barbaresco-Crus zu finden ist. Um den Bestand deutlich zu machen: im Moment sind etwa 600 ha. mit Arneis ausgepflanzt. Das entspricht ungefähr der Fläche, auf der in Österreich der Neuburger steht. Der Le Madri könnte dazu beitragen, dass das zumindest nicht weniger wird.

Barbera d‘Asti Superiore Le Orme 2009
Granatrot, violette Reflexe, deutliche Randaufhellung ergo leichter Kern. Intensiv, aber jugendlich. Extrem rotfruchtig, Waldbeerenaroma, zarte Minznoten, würzig, hochreife Fruchtnoten; Trocken, schlank, athletisch, kräftige, markante Säure. Eleganter Tischwein zu deftiger Jause; Typ „unkomplizierter Kumpel“

Montald Albarossa 2008
Saugut. Die Rebsorte Albarossa ist eine Kreuzung aus Nebbiolo und Barbera di Dronero (Das ist – für Ampelografen – nicht unwesentlich, da durch DNA-Tests Barbera als Vatersorte ausgeschieden wurde). Intensives, reifes Fruchtaroma in exzellenter Likörqualität. Archaisch, würzig und sehr sehr individuell. Würzig bis zum Abwinken. Einer der charaktervollsten Rotweine des Nachmittags. Chiarlo hat sich dieser gefährdeten Rebsorte angenommen und nach einem groß angelegten Versuch 4 ha. davon im Amphitheater des Gutes La Serra di Montaldo Scarampi ausgepflanzt.

Barolo Tortoniano 2007
Mittleres Rubin, mittlerer Kern, mittlere Viskosität; intensiv, bodenständig, dezent gereift;
Ein Hauch von Tanatos, Gerbstoff, profiliert; hat – im Vergleich zu 2006 – noch reife, satte Fruchtaromen.

Barolo Tortoniano 2006 (Magnum)
Das ist Barolo, wie er war und wie er immer sein sollte. Ziegelrot, granatroter Kern, mineralischer Ton, Ziegelstein, maskulin, traditioneller Ausbau, kräftiger Tanninschub, charaktervoller Abgang. Härte pur.

 

Vor dem nächsten triple-flight ein paar Worte zur Lage: Cerequio ist ein  Cru zwischen La Morra und Barolo, gehört aber offiziell zu La Morra. Die besten Weine produzieren neben Michele Chiarlo Roberto Coverzio und Contratto. Der Weinberg wurde in den Späten achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts als 1. Cru eingestuft. 1972 neu bepflanzt. Die Stockdichte beträgt 4.800 Rebstöcke/ha.

 

 

Der Barolo Cerequio von Michele Chiarlo ist grundsätzlich ein kräftiger, bodenständiger Barolo, der dauerhaft (damit meine ich die letzten 10 Jahre) mit über 90 Punkten in sämtlichen relevanten Publikationen bewertet wurde.

Barolo Cerequio 2007
Mittleres Rubin, expressive Intensität, jugendlich, verspielt, rot-fruchtig, würzige, aber auch erdige Momente, Frucht anfangs zurückhaltend, dann reife Weichselnoten. Am Gaumen trocken, deutliche Extraktsüsse, deutet zuerst harmonischen Einklang an, wird dann aber – säurebedingt – ruppig und widerborstig. Kein braver Bub, der aber gerade deshalb eine große Zukunft hat.

Barolo Cerequio 2006
Dunkleres Ziegelrot, deutliche Schlierenbildung, angereift. Interessanter Vergleich. Nase: morbide und ziegelig unterlegte Frucht. Markante Gerbstoffe, kantig, charaktervoll; kratzt am 2007er, erreicht in aber nicht.

Barolo Cerequio 2005
Schönes Fruchtspiel, deckt das ganze Spektrum ab: würzig, fruchtig und sogar ein wenig floral. Minze. Betagter Wein, der in seinem Leben erreicht hat, was er erreichen wollte. Auch er kommt aber an den 2007er nicht wirklich ran.

 

 

 

Moscato d‘Asti Nivole 2011
Helles grünliches Gelb, mehr grün als gelb, intensiv, jung-jovial, Blütencharakteristik, deutliches, kristallklares Muskat-Aroma; blitzsaubere Stilistik, am Gaumen fructotische Süsse, wenig Komplexität – aber wer braucht das schon?

Moscato d‘Asti Rocca delle Uccevelette 2011
Zurückhaltender, aber geschmeidiger, auch etwas dunkler, am Gaumen viel konzentrierter. In der Nase Wiesenkräuterblüten. Salbei, Moos. Traubenzucker

 

 

 

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