Es ist unfassbar, was die Natur an Köstlichkeiten für uns bereithält. Manchmal finden wir sie an Orten, an denen wir sie nicht vermuten.
Das mit mir und den Birken ist eine komplizierte Sache. Ein Sommerflirt in der Frühphase der Pubertät. Das Mädel hiess Birke, war um einiges älter und nach 3 oder 4 Wochen wieder weg. Ungefähr zu selben Zeit kam der Heuschnupfen. Diagnose: Birkenpollenallergie. Das war unfair. In unserem Garten standen 2 Birken, dazwischen eine Hängematte. Ich verbrachte im Sommer ungezählte entspannte Stunden darin. Mit Carrera®-Skibrille und Speedo®-Nasenclip. Die Grundsteine für meine Birkenambivalenz waren gelegt.
Knapp 30 Jahre später kommt ein alter Schwede daher und schenkt mir Birkensekt aus Jämtland ein. Der Sav – so der Markenname des Birkenschaumweins – ist kein Neuheit. Seit Jahren geistern kurze Meldungen durch die fresspress, und keine davon hat meine kulinarische Neugier geweckt. Auf der ProWein 2012 hat sich der Hersteller irgendwie in die Biowein-Halle verirrt. Nach stundenlangem Bordeaux-Verkosten und ellenlangen Gesprächen über die neuen Durchführungsbestimmungen für den Bioweinbau war der Stand eine willkommene Unterbrechung.
Das Prinzip der Herstellung ist recht einfach. Im Frühling werden die Birken angeritzt und der Birkensaft entnommen. Dieser Saft ist im Grunde nichts anderes, als mineralisches Wasser, das sich der Baum aus der Erde holt und das – aromatisch angereichert – abgezapft wird. Der Rest ist méthode champenoise, also Grundwein, zweite Gärung in der Flasche, Rüttelpult, klassisches Degorgieren.
Gelber Apfel, Mürbteig, Pilze – das versprechen die Unterlagen zum Sav. Hm. Also gelbe Frucht passt. Eher reife Birne, geriebener Apfel, und mit „Mürbteil“ könnten die heftigen Noten gemeint sein. Pilze – nein. Überhaupt ist der Sav in der Nase recht zurückhaltend. Der Geschmack ist viel interessanter. Zuerst frisch, angedeutet süss aber von Struktur und Erscheinungsbild her knochentrocken. Der Sekt lebt von einem tiefen, rustikalen Nachgeschmack, der sich recht unmittelbar einstellt. Jedenfalls ein Erlebnis.
Am Stand wird zum Schaumwein auch getrocknetes Rentierfleisch angeboten. Das ist recht nahe an reifem Bündnerfleisch, passt aber ganz ausgezeichnet zum Birkenprickler.
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