Die Region im Glas? Dieser Wein schafft es in der Regel nicht, über seine (ziemlich kleine) Ortschaft hinaus verkauft zu werden. Mehr Regionalität geht nicht.
Ich werde hier nicht über Terroir, große Weine oder berühmte Winzer schreiben. Vielmehr möchte ich die Geschichteeiner zufälligen Begegnungen erzählen.
Karpathos ist eine Insel, die einem Foodie und Weinfreak nicht allzu viel zu bieten hat. Ein paar wirklich gute und authentische Tavernen, ein regionales Sardinenrezept, grandiose Ziegenschmorgerichte im abgelegenen Olympos. Das war’s dann aber auch. Vereinzelt sieht man Rebstöcke in meist kleinen, privaten Gärten, die entsprechenden Weine dienen der Selbstversorgung. Hin und wieder hat eine Taverne karpathiotischen Wein im Angebot. Finger Weg! Und doch gibt es auf dieser kargen Insel einen, der es anders macht. Thijs Pool, ein Holländer, den es in der Pension auf die Insel verschlagen hat, wohnt mit seiner Frau in einem kleinen Häuschen zwischen Othos und Stes im gebirgigen Teil von Karpathos. Entdeckt habe ich ihn rein zufällig. Beim Vorbeifahren ist mir aufgefallen, dass die Rebstöcke in seinem Garten sauber, gepflegt und vor allem recht unterschiedlich aussehen. Vorm Haus ein großes Schild: Chateau Pini. Ein zweites Mal hinschauen. Da steht immer noch Chateau Pini. Thijs ist ein großer, sympathischer Mann mit wachen Augen und festem Händedruck. Er hat unser Interesse sofort erfasst und uns ohne viel herumreden zu seinen Weinstöcken geführt. Ein Kuriosum sondergleichen. Seit Jahren bringen ihm befreundete Touristen aus aller Herren Länder Setzlinge mit. Die ersten beiden Reihen sind eine bunt gemischte Sammlung unterschiedlicher Rebsorten. Müller Thurgau (3 Rebstöcke), Riesling (4 Rebstöcke), Dornfelder und Agioritiko (jeweils einer). Nachdem wir uns als Österreicher zu erkennen gaben, ging es schnurstracks zu seinem Grünen Veltliner-Rebstock. Aus dem Kremstal. Gleich dahinter dann die „Parzelle“, aus der der Großteil seiner Weine kommt. Cabernet, Merlot, Petit Verdot. Daher weht der Wind. Daher auch der Name. Und die Flaschen. Der Mann hat ein Ziel. Einen Bordeaux-Blend internationalen Zuschnitts, der vom Wind der Ägäis und dem steinigen Boden von Karpathos geprägt ist. Von diesem Ziel ist der Wein meilenweit entfernt. Vergoren wird in großen Plastikbehältern, die wilden Hefen dürfen nach Belieben schalten und walten, geschwefelt wird mit der Messerspitze. Und mit Gottvertrauen. Wir haben ihn auf der Terrasse vom Chateau verkostet. Der Wein ist zwar nur leicht oxidativ, dafür hat er von allem anderen zu viel. Zu viel Säure, zu viel Alkohol, zu viel Würze. Egal. Nach dem Kosten war die Flasche trotzdem schnell leer. Und bald auch eine Zweite. Thijs begann von seinem schrägen Leben und von Karpathos zu erzählen und über seinen Wein zu philosophieren. Am Ende war es ein genialer Abend mit dem perfekten Wein.
Verkauft wird der Wein übrigens vorwiegend an Touristen. Zwei Mini-Markets im Nachbarort haben ein paar Flaschen im Regal stehen. Vermutlich seit Jahren die selben. Auch die Gastronomie wird von Thijs Pool beliefert. Nach ein paar Gläsern räumt er ein, dass er damit die beiden Tavernen meint, in der er selber gerne geht. Die 6 Flaschen, die wir in unserer Euphorie mitgenommen haben, haben wir irgendwann einmal verkocht.
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