Nipozzano, Lamaione, Castelgiocondo und natürlich auch Mormoreto. Frescobaldi ist eine fixe Größe in der Toskana. Gestern war er mit seinen Weinen in Wien.
Wein & Co lud ein, Petz kochte. Nachdem es mir hier in erster Linie um die 5 Jahrgänge Mormoreto geht, das Drumherum aber aber gut und also erwähnenswert ist, hier ein kurzer Überblick über die kulinarische Dramaturgie des Abends. Als Aperitif 2009 Brut Nature aus dem Haus Schlumberger. Sehr gut. Die ersten beiden Gänge: „Salat von Weissen Bohnen und Garnelen“ mit Laudemio, dem Extra Vergine der Frescobaldis und „Steinpilzrisotto“. Der „Salat“ war ein höchst erfreulich mariniertes Arrangement von Bohnen und Shrimps, angerichtet auf nicht minder erfreulich schmackhaften Artischockenherzenböden. Das Steinpilzrisotto hat Petz mit gebratenen Hühnerherzen aufgepeppt. Köstlich und hochgradig stimmig zu den beiden Rotweinen, die dazu serviert wurden: 2008 Nipozzano Riserva Chianti Rúfina DOCG und 2009 Tenuta Frescobaldi di Castiglioni IGT. Modern der Eine, eher traditionell der andere.
Aber wie gesagt, darum gings eigentlich nicht. Auch nicht um die ganz superne Lammvariation danach. Mir ging es um 5 Jahrgänge Mormoreto. Dazu vorweg ein paar Details zu Herkunft, Machart und Idee des Weins. Der Mormoreto ist der Premium-Wein aus dem Gut Castello di Nipozzano östlich von Florenz. Das Gut ist Materie gewordene Geschichte. Der Geist von 1000 Jahren weht durch seine Gemäuer. Heute ist der Mormoreto ein Blend aus Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot. Rebsorten also, die uns bestens aus dem Bordelais bekannt sind. Angebaut werden die Rebsorten in Nipozzano seit 1855. Zufall?
Die Factsheets beschreiben den Boden recht gut: „sandiger, gut drainierter Boden. Kalziumarmer tonhältiger Albarese-Boden mit weißer Erdauflage. Ca. 300 m Meereshöhe, Südausrichtung, Pflanzdichte 5.800 Stock/ha. Soweit ein paar technische Details. Sensorisch schauts so aus:
1994 Mormoreto Toskana IGT
Ich beginne lieber damit, weil es nach hinten immer besser wird. Aber 2004? Sorry, aber das ist eindeutig ein Fall von „we should have met earlier“. Dabei war der Wein in seiner Jugend sicher ein Blockbuster. Mit viel Wohlwollen lässt sich die Kirschfrucht erahnen, die ihn einmal unwiderstehlich machte. Der Glanz vergangener Tage ist leider dahin. Drüber.
2000 Mormoreto Toskana IGT
Bald wird es besser. Versprochen. Aber den (meinen) 2000er hatte TCA 2,4 6 fest im Würgegriff. Im Moment trägt diese Flasche ihren (aussichtslosen) Kampf gegen den Kork aus. Dahinter lässt sich noch vage kompakte Frucht, vor allem Weichsel, Kirsche & Co. Unfair, mehr über den Wein zu sagen. Ich kenne den 2000er deutlich mächtiger.
2007 Mormoreto Toskana IGT
Jetzt aber. Tiefdunkles Rubin, ganz leichte Randaufhellung. Eine strahlende Schönheit und Augenweide. Sauber, jugendlich, unglaublich kompakt. Ein Korb voll dunkler Beeren. Brombeere, Cassis, Zwetschken und Sanddorn. Alles sehr klar und ausgeprägt. Gleichzeitig auch winterlich-würzige Noten wie Tabak und frisch gemahlener Kaffee. Dazu der florale Klassiker der Toskana: Veilchenblüte! (Woher eigentlich?). Am Gaumen trocken, kräftig, opulent. Zauberhaft – wenn man diese Stilistik mag.
2008 Mormoreto Toskana IGT
Es wird immer besser. Wieder eine Freude zum Ansehen. Dunkles Rubin, zart violette Ränder. Dichter Kern. Jung aber hochgradig komplex. Die Fruchtnoten gehen in eine ähnliche Richtung wie beim 2007er. Johannisbeeren, Ribisel, Moosbeeren. Die Früchte werden dunkler, die Kirschen reifer. Wieder Veilchen, wieder die weichen Vanille und Schoko-Noten, die das Barrique verraten. Am Gaumen mollig, intensiv und einnehmend. Ein Renaissance-Wein sondergleichen.
2009 Mormoreto Toskana IGT
Ein Wein, der all das werden kann, was 07 und 08 jetzt schon zeigen. Und noch viel mehr. Üppige Fruchtaromen, aber unglaublich konzentriert. Die Johannisbeere in Likörqualität, die Kirsche wirkt hochreif und zu feinem Sirup reduziert. Hier kommen allerdings die Eukalyptus- bzw. Teebaum-Noten ins Spiel, die dem sonst recht fleischig-dicken Wein ein wenig Frische einhauchen. Jedenfalls hat der Wein einige Jahre verlässlicher Güte vor sich.
Das war’s. Letztlich haben die jungen den reifen Mormoretos die Show gestohlen. Aber so ist das Leben. Wer mich kennt weiss, dass das nicht die Weine sind, die ich mag. Zu üppig, zu dicht, zu viel von allem. Aber das ist meine höchst persönliche und individuelle Präferenz. Was aber nicht bedeutet, dass ich sie nicht gut bewerten kann. Wer den Stil mag, wird mit den Mormoretos seine Freude haben. Zu Lamm (Krone und Schulter) ist der 08er zum Beispiel eine grandiose Begleitung.
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