Heinz Kammerers Abschiedsgeschenk

 

 

 

 

 

Heinz Kammerer verabschiedete sich mit einem beherzten Griff in seinen privaten Weinkeller von einigen Salzburger Kunden. Inniger Dank ist ihm gewiss. Gestern (oder vorgestern) meldete das Unternehmen über den APA-OTS Kanal, was  in der Branche schon seit Wochen für Gesprächsstoff sorgt. Heinz Kammerer übergibt die operative Geschäftsführung aus Langeweile an einen jungen, agilen Marketingprofi aus der Sportbranche. Gut. Betrifft mich nicht wirklich. Ich freue mich für ihn und wünsche ihm das Allerbeste. Die Raritätenverkostung mit diversen Smaragden und Konsorten aus der Riege der F.X. Pichler – Weine war jedenfalls ein Abgang nach meinem Geschmack. Ob es miteinander zu tun hat oder nicht, ist eigentlich sekundär.

 

1995 Grüner Veltliner Smaragd Kellerberg, F.X. Pichler
Ein Paukenschlag zum Auftakt. Sattes Goldgelb mit ersten Andeutungen von Bernstein und dunklem Kern (eine Schattierung, die uns an diesem Abend noch öfter begegnen wird). Sauber, deutlich ausgeprägt und mit sichtlich grauen Schläfen. Aber keineswegs müde. Ein zauberhaft morbider, reifer Veltliner. Erinnert irgendwie an (Wie heisst doch gleich der Zauberer bei Tolkien? Genau – Gandalf. Reif und weise. Gleichzeitig aber auch kraftvoll und immer den Schalk im Nacken. Rustikale Honignoten. Waldhonig, Schwarzbrotrinde, leicht pilzig. Am Gaumen trocken, zitrusfrische, zupackende Säure. Ein überraschender, grandioser Kellerberg.

2003 Grüner Veltliner Smaragd Kellerberg, F.X. Pichler
Eigenwillige Trübung. Optisch kein Winner. Hell, auch mit einer Tendenz ins Grell-, fast Giftgrüne. Der Geruch ist sauber, intensiv und aldehydisch. Sehr voluminös. Am Gaumen, wie auch in der Nase birnenfruchtig, grüne Apfeltöne, attraktive Breite. Der Wein ist zwar nicht schön, aber gut. Lange Längen, mineralische Noten. Kompakt und eng verwoben. Trotzdem ist für mich der 95er größer.

2003 Grüner Veltliner Loibnerberg 2003, F.X. Pichler
Intesives, sattes Strohgelb und intensive Schlierenbildung. Helle, fast jugendliche Kopfnote. Grüne Banane, kandierte Orangen. Geradlinig und präzise. Am Gaumen trocken, kräftige Säure, kompakt und weltoffen. Grandios würzige Noten. Pfefferspray!  Ganz was Feines.

1998 Grüner Veltliner Smaragd M 1998, F.X. Pichler
Die nächsten beiden Weine sind im Vergleich interessant. (ok, alleine natürlich auch). Goldgelb, sagenhaft reif. Rustikale Honignoten. Botrytis at its best. Waldhonig, Met, Litschi, Propolis. Exorbitant opulent. Das Glas ist ein offenes Tor zum Himmel. Ein Renaissance-Wein par excellence. Pompös. Verschwenderisch. Auch am Gaumen macht der Wein ordentlich Wind. Pathetisch aufgestellt wie Mahler’s 8., die „Symphonie der Tausend“.

1999 Grüner Veltliner Smaragd M 1999, F.X. Pichler
Was für ein Gegensatz. Wie viel feiner, klarer und schlanker dieser Wein ist. Deutlich heller. Ein Wein mit straffem, athletischem Körper. Der 99er ist deutlich schlanker und präziser als sein Vorgänger. Dafür ist er geprägt von mineralischer Prägnanz, gelber Frucht und genau NULL Botrytis-Noten. Verdammt schwierig, diese beiden Weine objektiv zu beurteilen. Persönlich lasse ich mich gern vom 98er verführen und/oder überfahren. Nüchtern betrachtet (*gg*), ist der 99er aber doch höher zu bewerten. Aber wer will das schon?

1990 Riesling Smaragd Steinertal, F.X. Pichler
Tiefdunkles Goldgelb, kaum sichtbare Randaufhellung. Ganz zarte, schwammige Honigaromen. Knackige, bissfeste Säure. Überraschend frisch. In der Nase ist nichts, das auf sein Alter schließen ließe. Jedenfalls keine Firne, kein Petrolton. Ein Dorian Grey-Wein, bei dem das Etikett sichtlich schneller altert, als der Wein in der Flasche. Höchstens die Farbe könnte Auskunft über eine gewisse Reife geben. Das Bukett zeigt frisch gerissene Zitronenzeste,  prickelnde Mineralik und verführerische Frucht.

1992 Riesling Smaragd Steinertal, F.X. Pichler
Dunkles Strohgelb, ein Ansatz von dunklem Kern, eigentlich aber brillant glänzend. Sauber, expressiv, leicht mineralisch. frische Steinobstnoten. Präzise und gut erhalten (Himmel, das war das mein Jahr an der Georgetown – vor einer gefühlten Ewigkeit). Spannend und interessant, kommt aber an den 90er nicht ran.

1999 Riesling Smaragd Loibenberg, F.X. Pichler
Intensives Strohgelb, jugendliche Strahlkraft !! Blitzsauber, unglaubliche Längen. Vollfruchtige Noten, ein Wein in der Blüte seines Lebens. Rosenblütensirup. Lang – sehr lang – anhaltender Abgang. Feinfühlig, filigran. Eine Freude.

2000 Riesling Smaragd Loibenberg, F.X. Pichler
Wieder einmal intensives, dunkles Strohgelb (allerdings mit grünlichen Reflexen). Stahlige Säure, grandiose Opulenz, Maracuja-Jus, mineralisches Steinmehl, komplex, anhaltend, Apfel. Wieder sehr gut, macht aber neben dem 99er eine weniger attraktive Figur.

1992 Riesling Smaragd Kellerberg, F.X. Pichler
Intensives, klares, brillant-sattes Goldgelb mit leicht hellen Reflexen. Sauber, reif. Intensiv expressiv. Passionsfrucht, Grapefruit, Litschi-Sorbet. Überhaupt eine tiefe Fruchtpräsenz, ein Potpourri exotischer Früchte. Nicht hochreif, aber auch nicht jugendlich. Wirkt wie im „besten Alter“. Am Gaumen dann präzise Marillenfrucht mit spitzer, knackiger Säure. Hoher Trinkspassfaktor.

1998 Riesling Smaragd Kellerberg 1998, F.X. Pichler
Honigsüsse Verführung. Goldgelb mit Kern, Sauber, reif. Ausgeprägt. Deutliche Botrytisnoten, Weissbrot. Dabei aber prickelnde Mineralik, die nahezu haptisch spürbar ist. Im Finish Assoziationen von (gutem) Barack/Marillenbrand. Mandarinenschale. Charmant bitteres Finish.

1999 Riesling Smaragd Kellerberg, F.X. Pichler
Tiefdunkel, erhaben. Eine noble Größe. Ausgeprägt. Reife  Marille und Weingartenpfirsich. Butterscotch. Echt nobel, ein Kardinalsten in samtener Robe. Fruchtsüss und Marillenröster.

1992 Riesling Smaragd M 1992, F.X. Pichler
Dunkles, sattes Goldgelb. Exotischer Fruchtspiegel. Litschi, Maracuja, Drachenfrucht. Kompakt, jugendlich (!!) Macht Druck und Spass. Am Gaumen – halbtrocken übrigens – auch Kokosflocken und Ananas. In Summe eine ganz zauberhafte Exotik.

2005 Riesling Smaragd „Unendlich“, F.X. Pichler
Strahlendes, dichtes Goldgelb mit kaum wahrnehmbarer Randaufhellung. Ohne Zweifel ein großer Wein. Die Nase offenbart scheinbar den Rest einer früher vorhandenen Steinobst-dominierten Primärfrucht. Was dahinter kommt, lässt ahnen, was da noch auf uns zukommt. Der Wein liegt deutlich vor seiner Blüte. Unbedingt aufheben. Im Moment schad drum.

 

 

 

 

 

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