Wachau – Die Quintessenz eines Jahrzehnts

 

 

 

 

 

20. April 2013. Es war eine Leistungsschau mit Piraten und den üblichen Verdächtigen. Und alle miteinander waren sie in Hochform und gut drauf.

 

2009 Riesling Smaragd Unendlich, Weingut F.X. Pichler
Das nenne ich einen Einsteig nach meinem Geschmack. Der Wein hat nichts mehr von seinem jugendlichen grünlichen Gelb der ersten Tage. Dunkles Strohgelb, rinnt schon bedächtig-ölig ins Glas. Dort dann auch intensive Schlieren, eng und langsam abfließend. Der Wein ist – no na – sauber, extrem ausgeprägt und ausdrucksstark. Noble, elegante Reife. Hochreife Marillenfrucht, fleischig und verführerisch. Am Gaumen trocken und mit mächtigem Körper. Spielt auf der gesamten Klaviatur von Trinkfluß bis Kraft und besticht dabei mit einer Vielschichtigkeit, die atemberaubend ist.

 

2010 Grüner Veltliner Reserve, Weingut Alzinger
Eine Spur eleganter als der Unendlich. Wirkt (und ist) auch etwas jünger. Trotzdem intensives Strohgelb, goldschimmernd. Blitzsauber, ausgeprägt, jugendlich – ein Springinkerl fast. Straffe Mineralik und präzise Frucht. Trotzdem viel Würze. Sehr geradlinig und vor allem recht klare Herausarbeitung der Rebsortentypizität. Kühler Jahrgang, großer Wein.

 

2010 Riesling GG Kirchenstück, Weingut Von Winning (Pfalz)
Helles, immer noch sattes und brillantes Strohgelb. Sauber, expressiv und cremig. Orangenzeste, Mandarine und ganz helle Steinobstnoten. Pfirsich, Marille, wieder Citrus. Und dann Holz. Ein Riesling. Nicht nur gelagert. Auch vergoren in 500 l-Tonneaux von Sylvain aus Pomerol. Heraus kam dabei ein robuster, fast ‚martialischer‘ (Roman Horvath) Riesling, der schon irgendwie ziemlich nah am Chardonnay ist. Hat noch ein langes Leben vor sich.

 

2006 Grüner Veltliner Reserve Kollmütz , Weingut Rudi Pichler
Intensives, dunkles Strohgelb. Deutliche englinige und langsam abfließende Schlieren. Rech ernsthafter optischer Eindruck. Wirkt überhaupt schon recht gereift. Das „Cremige“ geht irgendwie weiter. Orangenschale, Kumquatconfit. Allerdings scheint es, als würde der Wein durch Schwenken und Bewegen jegliche Frucht verlieren. Richtig eindrucksvoll ist der Wein nur, wenn er im Glas ruht. Mächtiger Körper. Alkohol. Druck.

 

2007 Châteauneuf-du-Pape blanc, Château de Beaucastel
Der Wein ist nicht zufällig dabei. Roman Horvath zeigt den Beaucastel oft als Referenz für Grünen Veltliner. Stilistisch. Und um Möglichkeiten aufzuzeigen. Der Wein ist tiefdunkel, goldgelb mit barocken Reflexen. Rebsorte ist Roussanne und der Wein zeigt deutlich, was an der südlichen Rhone möglich ist. Hochreif, exotischer Fruchtkorb von Mango über getrocknete Ananas, Blütenhonig hin zur Heckenkirsche. Stattlicher Wein mit extrem mineralischem Finish.

 

2008 Grüner Veltliner Smaragd Vinotheksfüllung, Weingut Knoll
Dunkles, lupenreines Goldgelb. Satte Schlieren. Ein barockes Blasengerl. Unbändige Strahlkraft. Exorbitante Fülle und Volumen. Ein komplexes, breit gefächertes Bukett: hochreife gelbe Frucht, Quittenmus, dazu Apfel, Blütenhonig. Am Gaumen tropenfruchtig, (mittlerweile) gefällig, vollmundig. Nach ein paar Minuten im Glas entwickeln sich zauberhafte Sekundäraromen nach Tabak und Brioche.

 

2000 Riesling Smaragd Singerriedel, Weingut Hirtzberger
That’s it! Tiefdunkles Goldgelb. Kratzt schon fast am Bernstein. Blank und brillant strahlend. Sauber, sehr reif und von überbordender Intensität. Hochreife Fruchtnoten, Almrosenhonig, Maracuja. Dazu recht würzig – nussig. Mit deutlicher Karamellnote. Hat mittlerweile 13 Jahre am Buckel und strotzt vor juveniler Agilität. Ja, der Wein ist wuchtig. Aber trotzdem leichtfüßig – beweglich. Ja, auch tiefgründig und komplex. Trotzem klar und präzise. „Durchaus ein genialer Wein“.

 

2003  Grüner Veltliner Unendlich, Weingut F.X. Pichler
Anfangs noch sehr verhalten. Braucht halt unendlich lang, um sich im Glas in voller Größe zu zeigen. Dann aber ordentlich: steinmehlige Mineralik. Dichte Fruchtnoten, atemberaubende Komplexität. Extrem feingliedrig, dabei aber mit Druck und Power im Finish, die ihresgleichen suchen. Es gibt Kollegen, die beschreiben den Wein als „den größten Veltliner, der je gekeltert wurde“. Das halte ich für übertrieben. Im Moment sind mir die Fruchtnoten dafür zu verschwommen – und zwar sowohl in der Nase, wie auch am Gaumen. Nichtsdestotrotz ein großer Wein. Ein ganz großer.

 

2001 Riesling Smaragd Ried Schütt, Weingut Knoll
Dunkles, reifes Goldgelb, deutliche Schlierenbildung. Sauber (war nicht gleich ganz klar), ausgeprägt (entwickelt sich erst nach ein paar Minuten im Glas). Anfangs etwas zurückhaltend, dann wird’s. Hell, fruchtig, präzise Steinobstaromatik. Korkverdacht. Die dritte Flasche bestätigt das, weil viel strahlender, frischer, jugendlicher. Konzentrierte, straffe Mango- und Marillenfrucht. Kernige, sehr fordernde Säure. Blütenhonig. Sehr trinkanimierend.

 

2002 Riesling Smaragd Wachstum Bodenstein, Weingut Prager
Reifes, dunkles Strohgelb. Englinige Schlieren. Sauber, eingangs wenig aussagekräftig. Legt allerdings mit Luft enorm zu. Kompakte Fruchtdichte, Bodenständigkeit, Marillenconfit, vollreife Zitruszeste, Holunderblüte. Hätte eigentlich alles, was ein Pinot braucht. Extrem saftiger Stoff, ausgewogen und mit kräftigem Zug. Null Firniss, null Petrol. Beeindruckende Länge.

 

2002 Grüner Veltliner Smaragd Achleiten (Magnum), Domäne Wachau
Da können sie stolz sein, die Domäne Wachauer. Auch wenn es nicht die gleichen sind, die heute das Szepter in der Hand haben. Vollreife, klassische und präzise Frucht. Filigran-feingliedrige Birnennote, Blütenduft. Außerdem dezente Tee- und Kamillenoten. Am Gaumen straff, lang und mit unglaublich hohem Trinkspaßfaktor gesegnet. Für 02 echt eine coole Sache und zweifelsohne eine (positive) Überraschung.

 

2005 Grüner Veltliner Smaragd Honivogl, Weingut Hirtzberger
Mittleres Goldgelb, eventuell dunkles Strohgelb. Eigentlich egal. Viel wichtiger ist die Nase. Sauber, aromatisch, jung. Könnte auch Chardonnay sein: Orangenschale, Mandarine, Fichtennadelessenz, Kardamom, Nuss. Sehr sauber am Gaumen, klar, präzise. Hat seine schönsten Jahre aber noch vor sich. Verführerische Botrytisnoten. Feine Mineralik.

 

2007 Riesling Smaragd Ried Klaus, Weingut Jamek
Helles Goldgelb, der Limoncello in der Gruppe. Zitronenzeste, Kumquats, Yuzu. Die ganze Palette. In Likörqualität. Dazu hefige Noten nach Biskuit und Aniskuchen. Steinobst, Honig. Und grandiose Längen. Auch zitrusfruchtig am Gaumen. Extrem trinkanimierend. Pendelt zwischen Wucht und Körper einerseits und verspielter Leichtigkeit andererseits. Hat noch Reserven.

 

2005 Grüner Veltliner Smaragd „M“, Weingut F.X. Pichler
Sattes Goldgelb, sauber, üppig. Intensiv nach Marillenröster und Blütenhonig. Florale Noten, reife gelbe Frucht. Quitte, Birne. Am Gaumen dann eine klare, mineralische Note und atemberaubende Komplexität. Ein großer unter den Veltlinern. De facto ist sowas nur in der Wachau möglich. Bleibt unglaublich lange haften.

 

Keine Notizen mehr zu 2010 Riesling TBA Kellerberg, Domäne Wachau und 2008 Riesling Sélection de grains nobles – Grand Cru Brand, Domaine Zind-Humbrecht. Aber ganz sensationelle Süssweine. Beide.

 

 

 

 

 

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